Negativ-Empfehlung

Kardiologie: Bei Patienten mit akutem Herzinfarkt und kardiogenem Schock soll bei Vorliegen mehrerer relevanter Koronarstenosen (> 70 %) im Rahmen der Akutrevaskularisierung nur die infarktverursachende Läsion („culprit lesion“) behandelt werden.


In den aktuellen Herzinfarktleitlinien wird bei Patienten mit akutem Herzinfarkt und infarktbedingtem kardiogenen Schock (IKS) die frühzeitige koronare Revaskularisierung mittels perkutaner Koronarintervention (PCI) als prognostisch effektive Methode der Wahl empfohlen (1, 2). Beim ST-Hebungsinfarkt (STEMI) ist bei der weitaus überwiegenden Anzahl der Patienten durch das EKG und den angiografischen Befund das Infarktgefäß zu identifizieren. 70–80 % der IKS-Patienten weisen noch zusätzliche signifikante Stenosen (> 70 %) in den übrigen „Nichtinfarktgefäßen“ auf, verbunden mit einer höheren Sterblichkeit als bei koronarer Eingefäßerkrankung. In Registerstudien zeigte sich kein Hinweis auf die Überlegenheit einer sofortigen Mehrgefäß-PCI im kardiogenen Schock (3, 4). In der randomisierten CULPRIT-Shock-Studie mit 706 IKS-Patienten, die eine Mehrgefäß-KHK aufwiesen, trat der primäre Endpunkt „Gesamtsterblichkeit und Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie“ nach 30 Tagen signifikant häufiger in der Gruppe mit sofortiger Mehrgefäß-PCI auf (55,4 % vs. 45,9 %, p = 0,001). Weiterhin war die sofortige zusätzliche PCI der Nichtinfarktläsionen mit einer signifikant höheren Sterblichkeit nach 30 Tagen (51,6 % vs. 43,3 %, p = 0,03) und einem Trend zu einer höheren Sterblichkeit nach einem Jahr (56,9 % vs. 50,0 %, p = 0,06) im Vergleich zur alleinigen PCI der „culprit lesion“ assoziiert (5, 6). Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) zur koronaren Revaskularisierung (2018) sprechen sich daher gegen eine routinemäßige sofortige PCI von Nichtinfarktläsionen im kardiogenem Schock aus (7). Daher sollte in der klinischen Praxis die sofortige Intervention von Nichtinfarktläsionen im kardiogenen Schock nicht routinemäßig durchgeführt werden.
Analog den Ergebnissen der kürzlich publizierten COMPLETEStudie bei Patienten mit STEMI ohne Schock können diese Läsionen zweizeitig während desselben stationären Aufenthaltes dilatiert werden – gegebenenfalls nach nichtinvasivem Ischämienachweis oder nach Dokumentation einer hämodynamisch relevanten Koronarstenose im Rahmen der zweiten Herzkatheteruntersuchung (8). Die sofortige Mehrgefäß-PCI kann bei IKS-Patienten in Ausnahmefällen erwogen werden, zum Beispiel wenn die Infarktläsion nicht eindeutig zu identifizieren ist oder wenn höchstgradige (> 90 %) flusslimitierende (TIMI-Patency 0–2) zusätzliche Stenosen vorliegen.

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