Keine Medikamentöse Primärprävention des kolorektalen Karzinoms
Die folgenden Medikamente sollten nicht zur Primärprophylaxe des KRK empfohlen werden: ASS, COX-2 Hemmer, Statine, Hormone.
Die folgenden Aussagen beziehen sich auf die Allgemeinbevölkerung ohne besondere Risikofaktoren.
In einem großen Umbrella Review von sechs Metaanalysen, die sowohl Beobachtungsstudien als auch randomisierte Studien umfassten, zeigte sich für die Prävention des kolorektalen Karzinoms (KRK) durch die Einnahme von Acetylsalicylsäure eine signifikante Senkung der Inzidenz des KRK. Allerdings war dieser Effekt limitiert auf das proximale Kolon, während die Ergebnisse für das distale Kolon keine statistische Signifikanz erreichten. Zudem waren die Dosierungen und die Einnahmedauer von Acetylsalicylsäure sehr variabel und die Ergebnisse bzgl. der Reduktion der KRK-Inzidenz durch low-dose Aspirin (< 325 mg/d) verhielten sich widersprüchlich 1 - 2. Ähnliche Resultate ergaben sich in einer weiteren Metaanalyse aus 15 randomisiert-kontrollierten Studien 3.
In einer anderen Metaanalyse, in die 33 RCTs mit insgesamt 14567 Teilnehmern eingeschlossen wurden, konnten positive Effekte hinsichtlich der Reduktion kolorektaler Adenome für low-dose Aspirin (81 mg) beschrieben werden, wenn auch mit statistischer Signifikanz erst nach Extraktion von Studien mit erhöhtem Bias-Risiko 4.
Des Weiteren erreichte eine Metaanalyse aus elf randomisiert-kontrollierten Studien (insgesamt 134470 Patienten) keine statistische Signifikanz für die Einnahme von low-dose Aspirin zur KRK-Prophylaxe bei einem Follow-up zwischen 5 und 10 Jahren. Nach längerem Follow-up verbesserte sich zwar der Nutzen von Acetylsalicylsäure, wurde aber immer noch nicht signifikant. Allerdings konnte in einer RCT nach einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren ein Vorteil von low-dose Aspirin zur Senkung der KRK-Inzidenz statistisch signifikant gezeigt werden 5. In der gleichen Metaanalyse wurde auch die KRK-Mortalität untersucht. In zwei randomisierten Studien bot sich in den ersten 5 – 10 Jahren sogar eine erhöhte Mortalität in der Interventionsgruppe ohne statistische Signifikanz, was sich nach längerem Beobachtungszeitraum aber ins Gegenteil verkehrte und in diesen beiden Studien dann auch statistisch signifikant war. In einer gepoolten Analyse wurde für die Einnahme von low-dose Aspirin aber ein signifikant erhöhter Anstieg von Blutungskomplikation mit Ausnahme von hämorrhagischen Schlaganfällen gezeigt (A). Auch in einer anderen großen Metaanalyse ergaben sich Hinweise dafür, dass ein längeres Follow-up erforderlich ist, um die positiven Auswirkungen der low-dose Aspirin Einnahme, in diesem Fall < 160 mg/d, messbar zu machen 6.
Die Wirksamkeit bei der KRK-Prävention von Cyclooxygenase 2 (COX 2)-Hemmern wurde in 3 Metaanalysen bzw. Beobachtungsstudien untersucht. Es ergaben sich Hinweise auf einen protektiven Effekt, allerdings blieben die optimale Dauer und Dosis der Einnahme unsicher. Möglicherweise ist eine längere Einnahmedauer (≥ 5 Jahre) erforderlich. Nebenwirkungen oder schwere unerwünschte Ereignisse wurden nicht erhoben 2. Des Weiteren liegt eine große Metaanalyse aus 32 randomisierten Studien mit einer Teilnehmerzahl von insgesamt 278694 Patienten vor, in der ein vermindertes Auftreten von (fortgeschrittenen) kolorektalen Adenomen auch bei Zustand nach Polypektomie herausgearbeitet werden konnte. Allerdings wurde dabei auch eine deutlich erhöhte Anzahl an schweren unerwünschten Nebenwirkungen, wie zum Beispiel kardiovaskuläre Ereignisse, Apoplexe und gastrointestinale Blutungen, detektiert 6.
Insgesamt bleibt zu resümieren, dass sich in allen Metaanalysen eine deutliche Heterogenität bzgl. Patientenselektion, Dosierung, Dauer der Einnahme und Follow-up zeigte, was die Aussagekraft limitiert 2 - 6. Auch schwere unerwünschte Nebenwirkungen wurden häufig nicht erfasst.
Eine Hormontherapie kann prinzipiell das kolorektale Karzinomrisiko reduzieren 7 - 8. Aufgrund der erhöhten Inzidenz von unerwünschten Wirkungen, insbesondere venöser Thromboembolien, kann die Hormontherapie bei postmenopausalen Frauen aber nicht zur Primärprävention des kolorektalem Karzinoms empfohlen werden 9 - 10.
Auch für Statine wurden in invitro und Tierstudien chemoprotektive Effekte nachgewiesen, jedoch zeigen die humanen Ergebnisse heterogene Ergebnisse, sodass keine Empfehlung erfolgen kann 11.
Auch wenn sich einzelne positive Signale einer medikamentösen Prophylaxe des KRK finden lassen, so erscheint eine generelle Empfehlung zum Einsatz einer medikamentösen Prophylaxe aufgrund der heterogenen Daten und potentiellen unerwünschten Nebenwirkungen nicht gerechtfertigt.